von Nana Schewski | 27.11.2019 | Hochsensibilität, Ich-Stärkung
Es wird oft gesagt/geschrieben, dass hochsensible Menschen es im Beruf schwer hätten und viele Arbeitgeber skeptisch ihnen gegenüber seien. Nun hat Hochsensibilität zwei Seiten: eine herausfordernde und eine vorteilhafte. Entscheidend ist, wo unser Fokus der Beobachtung liegt.
Viele hochsensible Menschen sind gute Strategen, um mit der herausfordernden Seite ihrer Hochsensibilität umzugehen. Bei den meisten ahnt man noch nicht mal, dass sie hochsensibel sind.
Das Wort Hochsensibilität ist teils irreführend. Viele verstehen darunter ein cholerisches, mimosenhaftes oder gar hysterisches Verhalten. Ich werde nicht müde zu betonen, dass dies wenig mit Hochsensibilität zu tun hat. Warum?
- Hochsensible Menschen brauchen Zeit, um die Geschehnisse einzuordnen und sie detailliert zu verarbeiten – wenn sie das schon geschafft haben, ist die Situation meistens längst vorbei.
- Hochsensible Menschen wissen über ihre hohe Ansprechbarkeit für Reize auch ohne Wissen über ihre Hochsensibilität. Auch wegen der oft hinzukommenden Verletzlichkeit vermeiden sie oft eine offene Konfrontation und wenn ja, dann tun sie es sehr bedacht. Sie schonen sich oft intuitiv.
- Die meisten Hochsensiblen sind introvertiert. Ein hochsensibler Mensch kann auch extravertiert sein. Er kann auch sehr emotional werden und seine Fassung verlieren. Aber das passiert nur dann, wenn sein Temperament und seine negativen/eingrenzenden Glaubenssätze dazu kommen.
Mir wurde neulich eine Geschichte über eine hochsensible Person erzählt. Sie weckte bei mir folgende Erinnerungen aus meinem Berufsleben.
Einmal saß ich mit einer Kollegin zusammen in einem Raum. Ich war in diesem gemeinsamen Raum nur in den Pausen, sonst stand ich vor der Gruppe im Seminarraum. Damals wusste ich nichts über meine Hochsensibilität. Aber mir war klar, dass ich in den Pausen Ruhe und Abschaltung brauchte.
Ich habe meine Arbeit sonst sehr gerne und engagiert gemacht und sowohl kleine als auch große Pausen waren mir Gold wert. Ich habe versucht, zur Ruhe zu kommen und meine Gedanken für die nächste Seminarstunde zu ordnen.
Irgendwann hat meine werte Kollegin angefangen während der Pausen das Radio einzuschalten. Ich war entsetzt, es dröhnten Musik und Nachrichten in den Raum. Ich habe sie freundlich darum gebeten, das Radio während der Pausen auszuschalten und sie war nicht sofort damit einverstanden. Dann wollte sie es nur leiser stellen und das war für mich wirklich keine Lösung. Sie machte ihre Arbeit meistens am PC und fand Radio anscheinend nicht störend.
Ich erinnere mich wie verärgert ich war und wie viel Kraft es mich kostete, besonnen mit der neu entstandenen Problematik umzugehen. Ich wollte auch keine Streitereien, weil mich dann das Zusammensein in einem Raum auch belastet hätte. Ich dachte und bis jetzt bin ich davon überzeugt, dass in so einer Weiterbildungseinrichtung in einem gemeinsamen Dozentenraum es eine klare Grenzüberschreitung ist, das Radio laufen zu lassen. Ich weiß nicht mehr genau, aber das Problem wurde irgendwann schnell geregelt, möglicherweise saßen wir nicht mehr zusammen in einem Raum.
Eine zweite Geschichte: ⇓
Ich teilte mit einer Kollegin einen Raum und habe schnell festgestellt, dass sie im Raum rauchte. Ich hatte nach der Geburt meiner Tochter eine sehr starke Abneigung gegen den Zigarettengeruch entwickelt. Nun musste ich das ansprechen – das Lüften reichte eindeutig nicht.
Sie sagte, dass das Rauchen für sie eine Voraussetzung für ihre Entspannung sei und sie könne nicht darauf verzichten. Eigentlich war ein Rauchverbot in der ganzen Weiterbildungseinrichtung. Ich habe aber diese Tatsache nicht angesprochen, sondern versuchte zu erklären, dass ihre Entspannung meine Anspannung und verminderte Konzentration bedeutete.
Wir haben damals einen Kompromiss gefunden. Sie durfte einmal am Tag aus dem offenen Fenster gelehnt rauchen. Die Person mochte ich gerne und so war ich froh unsere Beziehung zu retten. Jetzt würde ich auch diesen Kompromiss nicht mehr machen. Aber damals: jung, unerfahren, innerlich unsicher in einer neuen Umgebung schloss ich gerne Kompromisse, um die Stimmung um mich herum nicht zu gefährden und dadurch an ersten Stelle mich zu schonen.
Jetzt habe ich zwei Beispiele genannt: Beide bargen Gefahren für ernsthafte Konflikte am Arbeitsplatz nicht wegen meiner Hochsensibilität (von der ich selber nichts wusste, aber die Merkmale eindeutig präsent waren), sondern wegen der egoistischen rücksichtslosen Haltung der anderen Kollegen.
Dass es in beiden Fällen nicht zu Konflikten kam, war meiner Hochsensibilität zu verdanken. Ich habe meinen Ärger zurückgehalten, mich in diese Personen eingefühlt und versuchte das Problem friedlich zu lösen.
Die Tatsache, dass hochsensible Menschen sehr einfühlsam sind, kommt dem Betriebsklima in den meisten Fällen zugute.
Meine hochsensiblen Klienten und Bekannten sind eher sehr fleißige, verantwortungsbewusste, leistungsorientierte, zuverlässige Berufsmenschen. So bin ich auch immer gewesen und bin es noch.
Es gibt aber einen wichtigen Faktor, der im Beruf eine große Rolle spielt und um den sich die Arbeitgeber zu Recht Sorgen machen. Aber genau in diesem Bereich können sie ihre Mitarbeiter sehr gut unterstützen.
Es geht um Ablenkbarkeit. Hochsensible Menschen sind Meister darin. Sie sind aufgrund ihrer Hochsensibilität dieser Ablenkbarkeit oft hilflos ausgeliefert. Die Bilder, Geräusche, Worte und Gerüche strömen auf sie ungehindert ein. Weil sie diese aufgenommenen Eindrücke auch tief verarbeiten, brauchen sie auch entsprechend Zeit und Konzentration.
Das Besondere ist, dass hochsensible Menschen sich auch selbst ohne äußere Eindrücke wunderbar ablenken und beschäftigen können. Sie haben ein sehr reiches Innenleben und es gibt da immer etwas Anziehendes aus der Vergangenheit oder von der heutigen Fahrt zur Arbeit zu finden.
Weniger Ablenkungen bedeuten aber eine bessere Fokussierung und dadurch bessere Leistung.
Die Ablenkbarkeit kann zu den folgenden unerwünschten Problemen führen:
- Schlechte Fokussierung und dadurch Zeitverlust
- Die Aufgaben, die trotzdem gemacht werden, können eine hohe Fehlerhäufigkeit aufweisen
- Kreativität leidet sehr darunter
Zeitverlust: Seine negative Folge kann entstandener Zeitdruck sein. Der Zeitdruck kann wiederum Fehler begünstigen.
Ich erinnere mich daran, dass ich während meiner Berufskarriere immer wieder spät Feierabend machte, weil ich nicht fertig wurde. Ich habe manchmal darauf gewartet, dass meine Kollegen weg sind und manche Aufgaben so in der Stille und Ruhe erledigt. Ich nahm mir dafür Zeit, weil ich dann mit einem guten Gefühl nach Hause fahren konnte.
Es gab Kollegen, die sich deswegen unter Druck stellten. Sie bekamen Stress mit der Vorstellung, dass sie dieser Einrichtung, die uns sowieso schlecht bezahlte, ihre wertvolle Zeit schenkten. Damals wusste ich nichts über Hochsensibilität, aber ich wählte die richtige Strategie für mich. Schon damals ist mir aufgefallen, dass Zeitdruck mir den Abend versauen konnte. Mir war schon bewusst, dass ich in manchen Bereichen wie Dokumentation (ich hasste sie!) langsam war. Es tat gut, meine Arbeitsstelle mit guter Stimmung zu verlassen.
Ein wichtiger Faktor bei der Ablenkbarkeit ist, ob du einen Job machst, der dir Freude macht. Ob du einen Sinn darin siehst und ob du von außen Motivation bekommst. Ich hatte nicht immer aber oft Glück damit.
Ich erinnere mich an eine Szene. Ich stehe im Kopierer-Raum und mache schnell Kopien für meine nächste Seminar-Stunde. Ich bin neu am Arbeitsplatz und versuche mit allen Kräften alles gut zu machen. In so einer Situation sind viele Menschen und besonders hochsensible Menschen körperlich sehr angespannt, weil der von innen kommende Druck groß ist. Damals hatte ich kein Bewusstsein dafür. Jahre später besuchte uns ein ehemaliger Kollege. Er sah mich und sagte: Nana, du siehst jetzt viel entspannter aus als damals.
Nun zurück zur Szene. Da kam unerwartet meine Chefin herein. Sie sagte mir sinngemäß: es ist schön zu sehen wie du jeden Tag das Beste gibst und auch die Ergebnisse können sich sehen lassen. Ich erinnere mich an meine innere Freude. Diese hat meine Motivation enorm gesteigert. Ich habe deutlich gespürt, da ist jemand da, der meine Bemühungen sieht und hier einen kurzen Moment nutzt mir so eine tolle Rückmeldung zu geben.
Mit dieser Geschichte möchte ich sagen, dass nicht jeder von uns einen Traumjob hat. Manche haben langweilige Routine-Jobs oder Jobs, die nicht auf ihren Stärken basiert sind. Ohne innere Motivation kann kein Mensch und besonders ein hochsensibler Mensch gute Fokussierung beibehalten.
Diese innere Motivation kann von außen mit wenig Zeit und Aufwand enorm unterstützt werden.
Fehlerhäufigkeit: Hochsensibilität kann die Fehlerhäufigkeit enorm verstärken, wenn mehrere ungünstige Faktoren zusammenkommen. In vielen auf strenge Sicherheit bedachten Berufen, wie z.B. Flugsicherheit etc. kann ein sehr hochsensibler Mensch, wenn er noch ungünstige Glaubenssätze und ein unerfülltes unzufriedenes Leben hat, zum hohen Risikofaktor werden.
Kreativität: Wenn ein hochsensibler Mensch innerlich sehr aufgewühlt und intensiv mit etwas beschäftigt ist, kann er sehr gut künstlerisch zum Ausdruck kommen und sich sogar gut helfen, wenn er frei malt oder schreibt oder etwas tut, in dem er seiner Intuition folgt.
Bei bestimmten beruflichen Aufgaben geht es eher darum, in einem Aufgabenfeld kreative Lösungen zu entwickeln. Dafür muss er im Thema voll und ganz drin sein. Das wird ohne Fokussierung nicht machbar sein.
Wie schon oben dargestellt, ist die Reizüberflutung/Überreizung bei der Hochsensibilität die größte Gefahr, weil sie für die Reize der Umgebung sehr aufnahmefähig ist.
Wenn hochsensible Menschen sich aber mit voller Hingabe mit einer Sache beschäftigen (s.g. Flow), dann vergessen sie alles um sich herum und ihre Antennen sind nicht mehr nach außen gerichtet. In diesem Zustand erholen sie sich gut, auch wenn sie dabei intensive Arbeit erledigen. Das sind meine Beobachtungen sowohl bei Erwachsenen als auch Kindern.
Die Erklärung ist, dass diese ständige Aufnahme der Eindrücke von außen und ständig kreisende Gedanken den hochsensiblen Menschen zu schaffen machen.
Die hingebungsvolle Konzentration aber auf nur eine Sache ist nicht nur die beste Prävention vor Reizüberflutung, sondern auch eine Erholung.
Manche haben mir gesagt, dass sie bei so einer Tätigkeit einen besseren Erholungseffekt hätten als bei einer geführten Meditation, in der sie ständig gegen die widerkehrenden Gedanken ankämpfen mussten.
Mein Fazit ist: Wenn die Arbeit/Beschäftigung interessant für hochsensible Menschen ist, dann hat sie für diese Menschen einen zusätzlichen Mehrwert – einen Erholungswert, vorausgesetzt die Umgebung erlaubt eine ungestörte Fokussierung.
Ein hochsensibler Mensch – wenn er den ihn passenden Beruf/Job, einen ruhigen Arbeitsplatz hat und über seine Hochsensibilität gut aufgeklärt ist, ist ein Traum-Arbeitnehmer für jeden Arbeitgeber. Wenn diese drei Faktoren günstig sind, profitieren alle Seiten davon.
Dieser Zustand sei uns allen gegönnt.
Herzlichst, Nana
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Dieser Artikel passt zum Thema: Hochsensibel? – deine Vorteile
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von Nana Schewski | 07.08.2019 | Ich-Stärkung, Persönlichkeitsentwicklung
Warte nicht bis irgendwelche Umstände dein Leben verändern, sondern gestalte es selbstwirksam.
Mit meinem Coaching führe ich meine Klienten zu innerer Klarheit und Selbstwirksamkeit. Wenn du etwas in deinem Leben verändern willst, dann musst du etwas in dir ändern, damit sich die Gesamtsituation um dich herum ändert.
Jede Veränderung beginnt mit uns selbst und in uns. Nach dieser Erkenntnis kommt das Formulieren und Festlegen eines klaren Zieles und dann wird an dem Prozess gearbeitet. Es wird genau hingeschaut, was genau geändert werden muss um das Ziel zu erreichen und somit haben wir Klarheit. Wenn wir dann im Prozess Ausdauer beweisen und Erfolg haben, können wir mit Stolz behaupten, wir hätten unser Leben selbstwirksam geändert.
Selbstwirksam – so ein tolles Wort – selbsterklärend! Eigentlich bräuchten wir die oben aufgeführten Erklärungen gar nicht.
Selbstwirksam – so ein starkes Wort! Wenn du einmal selbstwirksam deinem Leben eine erwünschte Richtung gegeben hast, dann bist du enorm gestärkt und aufgebaut. Dann bist du bei allen auftretenden Herausforderungen stark genug und voller Vertrauen, dass du alles geregelt bekommst.
Manchmal passiert es, dass man das Leben verändern/verbessern möchte – aber ohne diese o.g. Klarheit. „Ich habe alles, aber fühle mich nicht gut, leer, elend“ – wie oft habe ich das gehört.
Ich bin nicht dafür, dass wir in unserer Vergangenheit viel wühlen. Wenn wir von belastenden Ereignissen berichten, dann holen wir diese Bilder vor unser geistiges Auge und belasten uns noch stärker. Daher lasse ich meine Klienten keine ausführlichen Leidensgeschichten erzählen. Das kostet Zeit und bringt uns nicht voran – vor Jahren habe eine Dame in der Praxis gehabt, wenn ich es zugelassen hätte, dann hätte sie volle zwei Stunden ununterbrochen und wiederholt über einen Streit erzählt.
Vergangenheit kann für mich nur angesprochen werden, wenn es dem Ziel dient: Wenn wir mit dem inneren Kind arbeiten, wenn wir unsere negativen Glaubenssätze für die o.g. Klarheit herausfiltern und in der Hypnose, wenn wir unsere Blockaden in der Tiefe lösen.
So ganz ohne Schmerzen geht es nicht – wasch mich aber mach mich nicht nass – funktioniert eben nicht!
Wir selber betrachten unsere eigenen Probleme oft oberflächlich – ich habe es auch lange Zeit getan. Wenn wir ein ernsthaftes Problem haben, das mit unseren in der Kindheit gefestigten Glaubenssätzen zu tun hat, dann sind Yoga, Meditationen etc. sehr unterstützend aber sie lösen das Problem nicht!
Viele beklagen sich über Stimmungsschwankungen, Unwohlsein etc. und glauben, dass diese das Problem sind. Viele Menschen wehren sich unbewusst dagegen, das Problem hinter dem Problem zu sehen. Das Ego erlaubt uns oft nicht Hilfe zu holen. Besonders in einem bestimmten Alter wollen wir stark und allwissend sein – wir haben viele Probleme im Leben gelöst, warum nicht auch dieses? Aber Arbeit mit sich selbst verlangt viel mehr als festen Willen und Fleiß.
Warum Klarheit so wichtig ist und wie wir „betriebsblind“ gewisse Probleme jahrelang mitschleifen können, möchte ich mit einer Geschichte erklären. ⇓
„Mir wurde in meinem zarten Kindesalter sehr oft gesagt, dass ich älter als meine Geschwister bin und nachgeben muss. Dann bin ich ein gutes Mädchen. Ich erinnere mich an Einzelheiten nicht, aber den Satz: „gib doch nach, du bist älter“ – habe ich fest im Kopf.
Interessant ist hier, dass ich genau 1 Jahr und 9 Monate und 2 Jahre und 6 Monate älter bin als meine Geschwister. Wie du siehst, ist der Unterschied nicht sehr groß. Meine Mutter wollte uns sehr zusammenschweißen (wie sie sagte), deswegen musste ich stets nachgeben und später oft Verantwortung für die Geschwister übernehmen: Aufsätze schreiben, Nachhilfe geben etc.
Lange Zeit habe ich geglaubt, dass ich all das freiwillig und sogar mit Freude mache. Warum? Weil ich selber auch Initiativen gezeigt habe. Bevor man mich um etwas bat, war ich oft schon aktiv – ich dachte mit und voraus. Das Einzige: in meiner Studienzeit habe ich mich sehr dagegen gewährt, mit meiner Schwester zusammenzuleben, weil ich der Meinung war, dass unsere Charaktereigenschaften nicht gerade harmonierten. Aber die Familie und ihre Mentalität waren stärker.
Später ging es meinerseits mit finanziellen und anderen Zuwendungen weiter. Es war meine Mutter, die mir deren Wünsche übermittelte – also mussten sie noch nicht mal mit mir sprechen und mich um etwas bitten. Es war alles bestens geregelt.
So ging es weiter, die Rollen waren fest verteilt: ich – die fürsorgliche ältere Schwester für meine kleinen Geschwister (ich wiederhole: 1,9 und 2,6 Jahre Altersunterschied!). Es passierte dann einiges, das mich sehr gestört hatte, z.B. wurde mir nie gedankt. Ich habe es angesprochen, und stieß auf volles Unverständnis: bedanken? wofür? Es schien für sie alles so selbstverständlich…Als hätte ich nur Pflichten und sie nur Rechte – es wurde immer weniger Interesse an mir/an meiner Familie gezeigt, geschweige denn eine Zuwendung.
Ich habe diese Entwicklung zwar registriert und mich geärgert, aber ich hatte Entschuldigungen für meine Geschwister gesucht. Vielleicht hatte der eine oder andere persönliche Probleme, von denen ich nichts wusste oder sogar eine Depression…
Ich sagte mir: das sei doch nicht normal, anscheinend geht es ihnen nicht gut. Während eines kurzen Aufenthaltes bei meinen Eltern musste ich mit Erstaunen feststellen, dass sie wohl ihr soziales Leben sehr pflegten und sich gegenüber anderen Menschen am Ort sehr fürsorglich, helfend und freundlich zeigten. Einerseits erfreute mich diese Feststellung, meine kleinen Geschwister waren weder krank noch irgendwie bedürftig. Ich musste mir aber schmerzhaft eingestehen, dass die Probleme eindeutig an unserer Beziehung lagen. Warum? Ich hatte keine Ahnung. Ich zog mich und auch meine Zuwendung Stück für Stück zurück. Einige Versuche darüber zu sprechen, haben noch mehr Spannungen gebracht und ich sah keinen anderen Weg als auf Distanz zu gehen…
Ich habe mich später gefragt, wie ich so lange Zeit verblendet sein konnte? Ich halte mich für einen guten Beobachter. Ich habe mich Jahrelang mit meiner Kindheit und Familie beschäftigt. Aber es waren andere Themen aktueller und irgendwie sichtbarer…
Ich merkte nicht, dass ich im Laufe der Jahrzehnte in einer Rolle fest saß.
Kennst du die Geschichte des angeketteten Elefanten? Als er klein war, wurde er mit einem Seil an seinem Fuß am schweren Pfahl angekettet, so dass er sich in einem bestimmten Radius bewegen konnte. Jedes Mal wenn er versucht, diesen Radius zu erweitern, hielt ihn das Seil zurück. Um den Pfahl auszureißen war er noch zu klein… Er wächst, wird kräftig, aber er versucht nicht den Pfahl auszureißen und somit seine Freiheit zu bekommen. Er könnte es, tut es aber nicht…Er hat sich mit diesem Beweglichkeitsradius abgefunden…
Ja, ich war in so einer ähnlichen Rolle. Leider! Was hat mir die Augen geöffnet? Zuerst meine stetige persönliche Entwicklung und mein Mut und die Entscheidung, meine inneren Probleme anzugehen; natürlich auch meine dazugewonnene innere Stärke und am Ende das Internet und Mark Zuckerberg. Ja – mit Internet und Facebook wurde es leichter und kostenlos in der ganzen Welt zu telefonieren.
Mir war schon seit Langem aufgefallen, dass meine Familie sehr wenig Interesse mir gegenüber zeigte. Als ich einmal nachfragte, hieß es, die Anrufe seien sehr kostspielig.
Irgendwann war es nicht zu übersehen, dass ich trotz der kostenlosen Anrufmöglichkeiten keine Telefonate bekam.
Stattdessen bekam ich kurze unpersönliche Emails so ähnlich wie man früher Telegramme geschrieben hat, mit einem Hinweis (Keine Bitte) irgendetwas zu besorgen, dies mitzunehmen oder per Post zu verschicken.
Die Mosaiksteine drängten mich schon längst das ganze Bild zu betrachten – aber ich war nach wie vor verblendet. Mir ist zwar meine Misere bewusst geworden – (mein Elefant wusste schon, dass er durch das Seil eingeschränkt war), aber die treibende Kraft, um den Pfahl herauszureißen, hatte ich noch nicht.
Da ich mich in der letzten Zeit schon zurückgezogen und die meisten Initiativen eingestellt habe, führte dies zu nicht ausgesprochenen Spannungen. Ich spürte diese Feindseligkeit deutlich, ich war aber noch nicht bereit, radikal zu handeln. Es waren schließlich meine „kleinen“ Geschwister/ meine Familie und ich litt in dieser Zeit sehr. Später wusste ich, dass meine Hochsensibilität mein Leiden nur verstärkte. Ich konnte oft meine Gedanken trotz meiner lobenswerten Bemühungen nicht gut abstellen.
Da ich mich zurückzog, dachte ich, dass das Problem dadurch wenigstens oberflächlich geregelt sei. Aber dann kamen immer wieder Emails an: kurz, knapp, ohne Begrüßung: Dein Bruder braucht das, deine Eltern brauchen dies… eine andere Form der Beziehung – die ich von Anfang an mitmachte in der Hoffnung, es würde irgendwann doch Ruhe/Ende sein.
Eines Tages spätabends bekam ich eine Mail: Dort stand weder eine Begrüßung noch etwas persönliches. Das war meine Schwester, die wörtlich so schrieb: Wir brauchen… und dann folgten Links zu Amazon und andere Online-Händler.
Ich regte mich innerlich auf und beschloss kurzerhand diese E-Mail zu ignorieren. Ich achte nicht darauf –sagte ich mir und ging ins Bett. Am Morgen wurde ich durch Geräusche wach und ärgerte mich über einen rücksichtslosen Fahrer, der in unserer Sackgasse den Motor unnötig lange laufen ließ. Als ich zur Küche ging, habe ich festgestellt, dass kein Auto im Spiel war und die Geräusche nur in meinen Ohren waren.
Ich wusste plötzlich ganz genau warum!
Ich fuhr mit diesen Geräuschen verzweifelt zur Arbeit. Im Laufe des Tages habe ich alles verstanden und geplant. Ich stand am darauffolgenden Tag sehr früh auf, um mit meinem Bruder zu telefonieren und klar und bestimmt zu sagen, dass ich diese Emails nicht mehr bekommen wollte und dann ging ich zur Sprechstunde meiner Ärztin, die Homöopathie als Schwerpunkt hat. Ich erzählte ihr mein Problem und soweit ich mich erinnere, waren die Beschwerden zu meiner großen Freude schon nach dem ersten Behandlungsversuch weg!
Und ich habe mir Zeit genommen, um das ganze Bild zu sehen. Ich habe mich auf einer energetischen Ebene von meinen Geschwistern getrennt, beiden das Beste gewünscht und beide losgelassen. Ich muss gestehen, es fiel mir schwerer, meinen Bruder loszulassen. Das war ein Prozess und am Ende hatte ich endlich meinen Frieden. Ich habe alle Kontakte eingestellt: auf allen Ebenen und das war ein sehr befreiendes Gefühl. Es liest sich einfacher, als getan – zugegeben, du kannst nicht alles plötzlich loslassen, was jahrzehntelang dein Leben, deine Familie war. Aber es ist möglich! Ich komme aus einem südlichen ländlichen Raum, dort achtet man sehr darauf, was andere Leute sagen. Mich hat das alles geprägt. Aber am Ende war mir das so egal – und das hat mich auch sehr beflügelt.
Und es verging ein Jahr. Zu meinem Geburtstag bekam ich überraschend einen warmen Anruf von meinen Geschwistern. Ich habe nicht damit gerechnet. Es wäre schön, wenn sie irgendwann diese Rollen und ihre Ansprüche mir gegenüber begreifen, aber das ist deren Leben, deren Aufgabe, und ich bin glücklich, dass mich dies emotional nicht mehr in Anspruch nimmt. Ich bin aus der Rolle heraus! Und das ist toll!
Vielleicht denkst du jetzt: ach, das hätte mir nicht passieren können, wie ist sowas möglich. Ja ich habe auch früher diese Gedanken gegenüber Familiengeschichten anderer Menschen gehabt. Für unsere Angelegenheiten und Verstrickungen haben wir oft eine s.g. „Betriebsblindheit“, die es uns nicht erlaubt eine Vogelperspektive einzunehmen.
Über diese Geschichte hätte ich nicht erzählen können, wenn sie nicht bearbeitet wäre. Das ganze Bild zu sehen und die Ursprünge des Problems mit den dazugehörigen Glaubenssätzen zu lösen, hat meine Befreiung in diesem Fall möglich gemacht. Ich bin fest davon überzeugt, dass meine Ohrengeräusche nicht von selbst verschwunden wären.“
Wenn ein Problem in irgendeiner Form hoch drängt, greife es auf, tue alles, was in deiner Macht steht. Unser Körper gibt uns Signale/Zeichen, du musst aber achtsam sein, um sie wahrzunehmen und zu verstehen. Oft fällt es uns schwer genug Achtsamkeit zu üben, weil wir im Galopp sind, weil wir mitten drin im Bild sind und diese nötige Distanz nicht gewinnen können.
Dann hole dir Hilfe und schenke ihr Vertrauen und sei dankbar wenn du vorankommst.
Sei einfach selbstwirksam – es ist ein beflügelndes Gefühl! Sage zu diesem Prozess laut Ja! Wir alle sind es wert.
Herzlichst, Nana
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